Pressemitteilung: Gemeinwohlorientiertes Datenteilen - was wir jetzt tun sollten

14.11.2023

Interviewanfragen bitte an presse.plattform-privatheit@isi.fraunhofer.de

"Daten sind das neue Öl", heißt es schon seit längerem. Soll heißen, wer viele Daten hat, kann damit viel Geld verdienen. Doch wem gehören die Daten - und wer verdient vor allem daran? Schon vor etwa fünf Jahren hat die Wirtschaftswissenschaftlerin Shoshana Zuboff die Vorgehensweise der großen Datenkonzerne als Überwachungskapitalismus bezeichnet, der Daten von Menschen ausschließlich zugunsten der Datenkonzerne monetarisiere, während die Menschen, die es betrifft und die ihre Daten bewusst und unbewusst preisgeben, enteignet würden.

Dennoch ist offensichtlich, dass Daten, die in vielen gesellschaftlichen Bereichen anfallen, für den Einzelnen oder die Gemeinschaft nützlich sein könnenetwa im Bereich der medizinischen Forschung. Aber dem großen tatsächlichen – und manchmal auch nur vermeintlichen – Nutzen stehen auch hohe Risiken wie Überwachung, Diskriminierung und noch größere Marktmacht gegenüber. Darauf – und auch auf die zunehmende wirtschaftliche Bedeutung der Datenökonomie – reagiert die EU seit einigen Jahren und seit Ende August auch Deutschland mit einer eigenen Datenstrategie sowie einer Reihe von Gesetzen und Gesetzesvorhaben.

Im Rahmen der diesjährigen Konferenz der Plattform Privatheit loten wir die Chancen und Risiken einer umfassenden Datensammlung, -verbreitung und -nutzung aus und diskutieren die aktuellen Ansätze der europäischen Datenregulierung, die die bürgerlichen Rechte im Sinne eines europäischen Wertekanons schützen will, die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen stärken und gleichzeitig dafür Sorge tragen soll, dass die gesammelten Daten dem Gemeinwohl zu Gute kommen. Eröffnet wird die Konferenz von Mario Brandenburg, MdB, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung.

Professor Ulrich Kelber, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, wird in seiner Keynote "The winner takes it all?" über "Selbstbestimmung und Fairness beim Teilen von Daten" sprechen. Darin wird er zeigen, welche Voraussetzungen nötig sind, damit das Vertrauen in die gemeinsame Nutzung von Daten gestärkt wird.

Paul Nemitz geht in seiner Keynote "Praktische Konkordanz und Kohärenz von Individualrechten und öffentlichem Interesse im EU Recht der persönlichen Daten" auf die Chancen und Risiken von KI ein. Schon länger warnt der Chefberater der Europäischen Kommission im Bereich Justiz und Verbraucherschutz vor Profilen, die in Kombination mit der Analyse- und Manipulationskraft von KI die Freiheit bedrohen. In seiner Keynote wird er Lösungswege aufzeigen, wie und auf welcher Grundlage KI im Sinne des öffentlichen Interesses genutzt werden kann, ohne ausschließlich auf personenbezogene Daten zuzugreifen.

Dr. Astrid Mager, Senior Researcher an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, zeigt in ihrer Keynote "Europäische Suche? Vom Datenkapitalismus zur Suchmaschinen-Diversität" Lösungswege und konkrete Interventionen auf, um alternative Technologieprojekte aus Europa zu stärken.

Ein weiterer Schwerpunkt der Konferenz liegt auf Datenintermediären. Der Einsatz von Datenintermediären ist im Data Governance Act geregelt, der seit 23. September angewendet wird und eine Reihe von Regeln aufstellt, um sicherzustellen, dass Datenintermediäre als vertrauenswürdige Organisatoren für den Datenaustausch fungieren. Auf der Konferenz soll vor allem diskutiert werden, welche Anforderungen unterschiedliche Interessengruppen – insbesondere Bürger:innen – an Datenintermediäre haben.

Besonders beleuchtet werden zudem Datenräume wie der European Health Data Space, der Mobility Data Space oder GAIA-X, die im Data Act geregelt werden sollen. Wir diskutieren, wie solche Datenräume zu organisieren und zu regulieren sind, damit die Forschung den größtmöglichen Nutzen aus den verfügbaren Daten ziehen kann.

Über die "Plattform Privatheit"
In der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Plattform Privatheit untersuchen Expertinnen und Experten interdisziplinär, kritisch und unabhängig Fragestellungen zu Privatheit und Datenschutz in der digitalen Welt. Die Plattform Privatheit wird vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung und dem Wissenschaftlichen Zentrum für Informationstechnik-Gestaltung an der Universität Kassel koordiniert.

Sprecher „Plattform Privatheit“
Prof. Dr. Alexander Roßnagel
Fachgebiet Öffentliches Recht
Universität Kassel
a.rossnagel@uni-kassel.de

Projektkoordination „Plattform Privatheit“

Dr. Michael Friedewald
Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI
Competence Center Neue Technologien
+49 (0) 721 / 6809-146
michael.friedewald@isi.fraunhofer.de

Leitung Wissenschaftskommunikation „Plattform Privatheit“
Barbara Ferrarese, M.A.
Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI
+49 (0) 0721 / 6809-678
+49 (0) 151 724 25939
barbara.ferrarese@isi.fraunhofer.de