Die ersten Präsentationen und Vorträge des Workshops "Rechnende Räume als verletzliche Erfahrungswelten" des "Forum Privatheit und selbstbestimmtes Leben in der Digitalen Welt" sind nun online.
Workshop "Rechnende Räume": Präsentationen und Vorträge online
25. Juli 2014Aktualisiert am 25. Juli 2014 und ergänzt um folgende Dokumente:
Koch_Rechnende_Raeume-verletzliche_Erfahrungswelten_Praesentation_20140704 (122 KB)
Ochs, Carsten - Prekaere Kodierungen_Vortrag_Workshop Rechnende Räume 04.07.2014, Berlin (348 KB)
Ochs_Prekaere_Kodierungen-Praesentation_20140704 (864 KB)
Zoche ISI_Praesentation_Forum Privatheit _20140704 (1054 KB)
Zurawski, Nils - Kommentar_Workshop_Rechnende_Räume 04.07.2014, Berlin (122 KB)
Bei Interesse an Programm und Teilnahmemöglichkeiten: Kontakt.
3./4. Juli 2014, Berlin, "dbb forum berlin"
Friedrichstraße 169/170, 10117 Berlin http://www.dbbforum.berlin/
Ein Großteil der Forschungen des letzten Jahrzehnts zum Thema der informationellen Privatheit hat sich mit der Nutzung Internet-basierter Anwendungen beschäftigt. So haben beispielsweise die Privatheitsimplikationen von Online Social Networks seit Beginn der 2000er Jahre nicht nur die Aufmerksamkeit der Disziplinen Anthropologie, Informatik, Philosophie, Psychologie, Rechtswissenschaften, Soziologie und Verhaltensökonomie erregt, sondern in den letzten Jahren auch maßgeblich den Diskurs zum Thema in der medial-vermittelten Öffentlichkeit angefeuert.
Während diese Forschungsrichtung nach wie vor wichtig und relevant ist, muss jedoch davon ausgegangen werden, dass das zugrundeliegende soziotechnische Paradigma, wie es in der Nutzung stationärer vernetzter Endgeräte angelegt ist, bereits dabei ist, sich zu wandeln. Schon seit einer ganzen Weile ist eine zunehmende Verbreitung mobiler Rechentechnologie (Smart Phones , Tablets) beobachtbar, welche im physischen öffentlichen Raum nicht nur genutzt wird, sondern dort auch Daten über diesen Raum bzw. dort befindliche Personen und ihre Aktivitäten sammelt. Wearable Computing -Technologien und Produkte wie etwa Google Glass dürften diese Entwicklung hin zu einer Durchdringung des öffentlichen Raums mit „digitalen Beobachtern“ weiter radikalisieren. In eine ganz ähnliche Richtung weist die Verbreitung digitaler Sensortechnologien im öffentlichen Raum: das vernetzte Automobil, Smart Cities und das Internet der Dinge sind einige der Schlagworte für die Bezeichnung von sozialen Technologien, die geeignet sind, die Beobachtbarkeit alltäglicher Praktiken und Handlungen im öffentlichen und halböffentlichen Raum (etwa am Arbeitsplatz, im Auto usw.) weiter zu erhöhen. Gleichzeitig zeichnet sich ab, dass zukünftig mit dem Smart Home auch die „digitale Beobachtbarkeit“ in bzw. von bislang als privat konstruierten Räumen zunehmen wird: intelligente Feuermelder und Heizungsthermostate, Spielekonsolen und Fernseher, die Benutzer und Raum beobachten, sind in der jüngeren Vergangenheit genauso diskutiert worden, wie zuvor etwa intelligente Stromzähler. Und in naher Zukunft könnten in Mauerwerk oder Beton eingelassene miniaturisierte autonome Sensornetzwerke kontinuierlich bauphysikalische Zustände in Häusern ebenso wie giftige Stoffe in der Raumluft erfassen und bei Gefahr Warnsignale an Leitstände absetzen. Dabei ist das Erfassungsspektrum von Sensoren schier unbegrenzt, ihr Einsatzspektrum folgt den Arbeitsschritten erkennen, erfassen, speichern, analysieren und weiterleiten / melden.
Auf einen Nenner bringen lassen sich diese verschiedenen Entwicklungen unter der Überschrift der Rechnenden Räume. Der Begriff des Rechnenden Raums geht auf Konrad Zuse zurück, der damit in den 1960er Jahren der Idee zu Plausibilität zu verhelfen suchte, dass der Kosmos als solcher eine gigantische Rechenmaschine darstelle. Wir verfolgen demgegenüber weniger metaphysische Zielsetzungen. Vielmehr soll der ins Plural überführte Begriff darauf verweisen, dass die in der Frühphase des Cyberspace erfolgte Simulation von Raum auf den zweidimensionalen Oberflächen der Bildschirme zunehmend einem Ausgreifen in den physischen Raum selbst weicht. Der dahinterliegende Paradigmenwechsel transformiert auf spezifische Weise soziale Akteure, die bislang als mehr oder weniger bewusste, zumindest aber relativ aktive Nutzer/-innen agierten: „user“ werden gleichsam „mover“, d.h. Akteure die sich handelnd in Rechnenden Räumen bewegen und dabei, ob gewollt oder nicht, Daten erzeugen, aus denen Informationen generiert werden können. Erfahrung wird in solchen digitalisierten Welten insofern prekär, als diese neuen Formen der digitalen Kommunikation zwischen Komponenten der Infrastruktur unterhalb der Wahrnehmungsschwelle der sozialen Akteure verbleiben. Weitgehend unklar ist bislang, welche Implikationen sich daraus für soziotechnische Alltagspraktiken ergeben, welche räumlichen Formate entstehen, wie Räumlichkeit vor diesem Hintergrund transformiert wird – und welche Implikationen all dies für den sozialen Ordnungsmechanismus der Privatheit haben wird oder kann. Inwieweit diese Formen diskreter Überwachung und Datensammlung menschliches Verhalten und Handeln langfristig beeinflussen und welche Gestaltungsoptionen sich vor diesem Hintergrund ergeben.
Im Rahmen des interdisziplinären Workshops werden diese Fragen behandelt. Um dies zu ermöglichen, bedarf es sowohl grundlagentheoretischer Beiträge zu den zentralen Konzepten Raum und Privatheit als auch der Auseinandersetzung mit beobachtbaren Phänomenen und Fallbeispielen.
Do., 3. Juli 2014:
19.00 Uhr – 20.00 Uhr: Anreise und Get-Together
20.00 Uhr: gemeinsames Abendessen
Fr., 4. Juli 2014:
8:30 Uhr – 9:00 Uhr: Ankommen & Kaffee
Fr., 4. Juli 2014, 9:00 Uhr: Programm
Begrüßung und Eröffnung
- Peter Zoche M.A., Projektkoordination Forum Privatheit, Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI, Karlsruhe
- Dr. Ulf Lange, Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF, Bonn
Block I: „Raumexpertise“
Wie konstruiert sich Räumlichkeit unter dem wachsenden Einfluss virtueller Kopplungen der physischen Welt neu?
(Moderation: Prof. Dr. Regina Ammicht Quinn, Universität Tübingen)
- Digitale Texturen urbaner Räume Prof. Dr. Gertraud Koch, Universität Hamburg
- Denn sie wissen nicht - wo sie sind? Prekäre Codierungen rechnender Räume Dr. Carsten Ochs, Universität Kassel
11:00 Uhr – 11:30 Uhr: Kaffeepause
Block II: „Privatheitsexpertise“
Welche Vorstellungen von Privatheit bilden sich unter diesen veränderten Bedingungen heraus?
(Moderation: Prof. Dr. Jörn Lamla, Universität Kassel)
- Zum Grundrechtsschutz der Privatheit Prof. Dr. Martin Nettesheim, Universität Tübingen
- Rechnende Räume als Herausforderung für Privatheitskontexte Dr. Tobias Matzner, Universität Tübingen / Doris Teutsch M.A. und Dr. Cornelia Mothes, Universität Hohenheim)
13:00 Uhr – 14:00 Uhr: Mittagspause
Block III: „Gestaltungsexpertise Digitalisierung, Raum, Privatheit“
Welche juristischen und technischen Herausforderungen entstehen durch die zunehmende Verkopplung zwischen digitaler und physischer Welt bzw. den Trend der Verschmelzung der Grenzen zwischen öffentlichen und privaten Räumen? Welche Gestaltungsoptionen könnten hieraus erwachsen?
(Moderation:
Prof. Dr. Alexander Roßnagel, Universität Kassel
Prof. Dr. Michael Waidner, Fraunhofer SIT und Universität Darmstadt)
Einleitende Statements von
- Prof. Dr. Simone Fischer-Hübner, Uni Karlstad /Schweden
- Marit Hansen, Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein, Kiel
- Prof. Dr. Jörn Müller-Quade, KIT, Karlsruhe
- Prof. Dr. Indra Spiecker gen. Döhmann, Universität Frankfurt am Main
- Prof. Thomas Fetzer, Universität Mannheim
15:30 Uhr – 16:30 Uhr:
Abschlussdiskussion / Podiumsdiskussion
Teilnehmer: Mitglieder des Forums-Privatheit
Einleitendes Statement durch
Prof. Dr. Alfred Büllesbach, Europäische Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz EAID, Berlin
Prof. Dr. Nils Zurawski, Universität Hamburg
Ab 16:30 Uhr: Get-Together bei Kaffee & Kuchen bzw. Abreise
Gertraud Koch: Digitale Texturen
Gertraud Koch: Verletzliche Erfahrungswelten
Carsten Ochs: Prekäre Kodierungen
Peter Zoche: Forum Privatheit